Die Grünland-Flächen schrumpfen
16000 Hektar Wiesen und Weiden hat Rheinland-Pfalz in den letzten fünf Jahren verloren. Das entspricht der Fläche der Städte Mainz und Ludwigshafen oder der Fläche von 21.000 Fußballfeldern. Der Grund: Immer mehr sogenanntes Grünland wird in den Mittelgebirgsregionen wie Eifel oder Hunsrück umgebrochen, also in Ackerfläche umgewandelt. In den flachen Regionen von Rheinland-Pfalz wie Rheinhessen oder der Pfalz ist der Grünland-Anteil schon lange so gering, dass das Umbrechen der verbleibenden Wiesen und Weiden grundsätzlich verboten ist. Dafür waren die Mittelgebirgsregionen umso üppiger mit Grünland ausgestattet, weil hier die klassische Weidewirtschaft seit Jahrhunderten das Landschaftsbild bestimmt.
Doch seit ein paar Jahren hat sich das Bild geändert: Monokulturen machen sich breit. Energiepflanzen wie Mais werden immer öfter in großem Stil angebaut. Und das hat zwei Gründe: Zum Einen die Intensivierung der Milchviehwirtschaft. Denn durch die niedrigen Milchpreise sehen sich immer mehr Bauern gezwungen, Hochleistungskühe zu züchten und diese mit Kraftfutter wie Mais zu füttern, statt sie traditionell auf der Weide zu lassen. Zum anderen schlägt sich der Boom von Biogasanlagen in der Landschaft nieder. Allein im Kreis Bitburg-Prüm gibt es mittlerweile 37 solcher Anlagen – und die haben Hunger. Die Konsequenz: schon jetzt wird 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche im Kreis Mais angebaut, als Energielieferant.
Mais ist in bei den Bauern. Saatguthersteller profitieren, denn überall im Land werden jetzt die rötlichen Saatkörner gesät. Riesige Sämaschinen bringen das Saatgut in die Erde. Mais bringt viel Geld. Seit vergangenem Jahr stieg der Preis um über 20 Prozent. Der Grund: Mais ist ein wichtiger Rohstoff für die Ethanolproduktion. Doch auch Landwirte wie Michael Horper haben den Boom ausgelöst: Bauern - die sich der Stromerzeugung mit Biogas verschrieben haben. Jeden Tag werden auf ihren Höfen unter riesigen Kuppeln Tausende Tonnen Maissilage in wertvolles Methangas verwandelt. Das erledigen Bakterien, indem sie die Biomasse zersetzen.
Allein im Eifelkreis Bitburg-Prüm und im Landkreis Vulkaneifel wurden bereits 34 Biogasanlagen genehmigt. Sie brauchen so viel Maisfutter, dass Naturschützern inzwischen Angst und Bange wird. Fassungslos schaut Gerd Ostermann, Landwirtschaftsexperte beim Naturschutzbund, auf Äcker wie diesen bei Birgel. Naturschützer kritisieren auch, dass die Bauern aus ihren Energiemaisfeldern möglichst viel Ertrag herausholen wollen und deshalb Pestizide einsetzen.
"Das ist ein Quantensprung für Niederbettingen"
In Niederbettingen sind inzwischen 72 von rund 100 Haushalten an das Nahwärmenetz von Landwirt und Ortsvorsteher René Blum angeschlossen. Gleichzeitig wurden Glasfaserkabel verlegt. Vom schnellen Internet profitieren alle Bewohner.
Das Herz der 1,5 Millionen Euro teuren Anlage, die Niederbettingen mit Nahwärme versorgt, ist das Heizhaus auf dem Hof von Rene Blum. Inzwischen sind 72 von 100 Haushalten an das Netz angeschlossen. TV-Foto: Vladi Nowakowski
Niederbettingen. Zwei Jahre Planung und eine Investition von 1,5 Millionen Euro hat der Niederbettinger Landwirt und Ortsvorsteher René Blum in seine Idee eines Nahwärmenetzes für seine Gemeinde investiert. Dazu jede Menge an Eigenleistung, um die Haushalte in Niederbettingen mit der von ihm erzeugten Wärme zu versorgen.
WWF: Fehlanreize im EEG fördern Maiswüsten und treiben Pachtpreise in die Höhe
Berlin - Deutschland wird immer mehr zur Mais-Wüste. Zwischen 2005 und 2010 ist die Maisanbaufläche von 70.000 Hektar auf 600.000 Hektar hochgeschnellt, mit fatalen Folgen für Umwelt und Landwirtschaft, so eine WWF-Studie. Grund dafür sind falsche Förderanreize für Strom aus Biomasse im Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG). Das EEG belohnt Strom aus Biogas mit umgerechnet jährlich rund 3000 Euro pro Hektar. Das ist fast das Zehnfache dessen, was Bauern sonst pro Hektar durchschnittlich an EU-Förderungen erhalten.
Die Folge: Investoren pachten oder kaufen im großen Stil Ackerflächen. Angebaut wird darauf hauptsächlich Energie-Mais. Ein für die Investoren lukratives Geschäft, das die Pachtpreise in die Höhe treibt und ganze Landstriche in Mais-Monokulturen verwandelt.
„Das Erneuerbare Energien-Gesetz muss in dieser Hinsicht schnell und umfassend geändert werden“, fordert WWF-Agrarreferentin Tanja Dräger de Teran. „Es ist unsinnig, das halbe Land in Maisfelder zu verwandeln. So, wie er heute angebaut wird, vernichtet Mais die Artenvielfalt, belastet die Gewässer und trägt wertvollen Mutterboden ab.“ Die dramatische Ausweitung des Maisanbaus gefährde die nationalen Ziele zum Schutz der Biodiversität.
Besonders irritierend: Für die Erzeugung von Bioethanol muss Mais Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, für Biogas hingegen nicht. „Das ist vollkommen unlogisch und muss sich umgehend ändern“, so die WWF-Expertin. Nach WWF-Angaben ist die Zahl der Biogasanlagen in Deutschland von etwa 2000 im Jahr 2005 auf heute 6000 gestiegen.
Der Biogas-Boom lässt die Pachtpreise in vielen Regionen Deutschlands anziehen. In Ostdeutschland haben sich die Pachtpreise für Agrarflächen laut WWF in den vergangenen drei Jahren beinahe verdreifacht. Landwirte haben beim Auslaufen ihrer Pachtverträge häufig das Nachsehen, weil die Anlagenbetreiber höhere Preise pro Hektar bieten. Rund 60 Prozent der deutschen Landwirte pachten Land.
„Die derzeitige Situation zeigt, dass Bioenergie nicht per se umweltfreundlich oder nachhaltig ist. Es kommt sehr darauf an, woher die Rohstoffe stammen und wie sie angebaut werden“, sagt WWF-Expertin Dräger. Die Bundesregierung müsse nun schnell das EEG verbessern. Die geltenden Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe müssten auch für Energiepflanzen gelten, die zum Betrieb von Biogasanlagen angebaut werden.
Die WWF-Forderungen zu Biogas in Kürze:
Das Anlegen von so genannten Bejagungsschneisen in Maiskulturen schmälert nicht die Prämienzahlungen für landwirtschaftliche Betriebe.
Darauf weist das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume hin. Der gestiegene Anbau von Silomais hat ein Anwachsen der Wildschweinbestände mit sich gebracht. Die nötige Bejagung dieser Bestände lässt sich insbesondere auf größeren Parzellen oftmals nur umsetzen, wenn in den Maiskulturen Bejagungsschneisen angelegt werden, also quasi Sichtachsen im Maisfeld.
Zur Vereinbarkeit der Bejagungsschneisen mit den Fördervoraussetzungen für die Gewährung der Betriebsprämie teilt das Landwirtschaftsministerium mit, dass die Maisschläge einschließlich der Schneisen prämienfähig bleiben, sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt werden:
Ab 2011 wird in Rheinland-Pfalz nicht mehr zwingend vorgeschrieben, die mit einer anderen Kultur bebaute oder aus der Produktion genommene Bejagungsschneise als eigenständigen Schlag zu erfassen und im Flächennachweis Agrarförderung auszuweisen. Es werden zwei neue Nutzungscodes eingeführt, nämlich
- Code 176 (Silo-)Mais mit Bejagungsschneise in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand;
- Code 177 (Silo-)Mais mit Bejagungsschneise (Kulturfläche).
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