Mit der aktuellen Allgemeinverfügung für den gesamten Landkreis Rhein-Lahn hat die obere Jagdbehörde eindeutig über das Ziel hinaus geschossen: Aufhebung der Schonzeit auf Rotwild aller Altersklassen und Geschlechter, Erlaubnis von Nachtjagd und Nutzung von künstlichen Lichtquellen. Nach Meinung des Landesjagdverbandes Rheinland-Pfalz (LJV) verkommt die Rotwildjagd damit zur reinen Schädlingsbekämpfung.
Das Rotwild (Cervus elephus L.)
Das Rotwild gehört zur Ordnung der Paarhufer (Artiodactyla), zur Unterordnung der Wiederkäuer, zur Familie der Hirsche (Cervidae) in die Unterfamilie Echte Hirsche (Cervinae).
Der Rothirsch wird im Volksmund auch "König der Wälder" genant. Doch das größte in Deutschland heimische Säugetier ist nur aus Not zum Waldbewohner geworden. Eigentlich ist er in der Offenlandschaft beheimatet, die er sich heute mit Straßen, Städten und Menschen teilen muss, doch durch die Besiedelung, Enstehung von Wald- Wanderwegen oder Touristische Fernwege, Mountainbike-Parcours, Langlaufloipen, Crosslaufstrecken, Landwirtschaftliche (Nachternten, Revierverkleinerungen, Jagddruck musste es sich in Waldgebiete zurückziehen.
Um ungestört leben zu können, sind diese Tiere auf größere Waldungen angewiesen. Da es die aber längst nicht mehr überall gibt - und auch, weil man Großwild aus forstwirtschaftlichen Gründen nicht überall dulden kann -, fehlt das Rotwild in weiten Gebieten
Lebensweise:
Das Rotwild ist ein Rudeltier. Unter Führung eines Leittiers vereinigen sich Alttiere, Schmaltiere (Weibchen im 2. Lebensjahr), Kälber (Junge im 1. Lebensjahr) und zeitweise junge Hirsche zu Rudeln. Erwachsene Hirsche stehen dagegen in kleineren Trupps beisammen und schließen sich nur in der Brunft dem Kahlwild an. Sehr alte Hirsche leben als Einzelgänger oder mit einem sog. Beihirsch und schließen sich ebenfalls dem Kahlwild in der Brunft an.
Tagsüber hält sich Rotwild in den Einständen auf, die es zur Nachtzeit verlässt. Mehrmals am Tag äst es im Einstand oder seiner Umgebung. Die Nahrung besteht aus Gräsern, Kräutern, Baumfrüchten, Rinde, Nadeln und Blättern.
Rotwild beansprucht großen Lebensraum und unternimmt weite jahreszeitliche Wanderungen (Sommer- und Wintereinstände). Aufgrund der starken Besiedelung durch den Menschen sind diese Wanderungen aber kaum noch möglich, woraus sich viele (forstwirtschaftliche) Probleme der Rotwildhege ergeben.
Fazit:
Der Wald ist für alle da, nur nicht für das Rotwild !
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Pressemitteilung Nr. 10/2015
Zwang zum Abschuss von Rotwild
Die Jagdbehörde durfte einen Jagdpächter zum Abschuss von Rotwild in seinem Jagdbezirk im Landkreis Vulkaneifel verpflichten. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.
Der Kläger ist Jagdpächter eines rund 650 ha großen Jagdbezirks. Nachdem das Forstamt festgestellt hatte, dass in diesem Jagdbezirk die Erreichung des waldbaulichen Betriebszieles infolge von Schälschäden durch Rotwild erheblich gefährdet sei, verpflichtete die Jagdbehörde des beklagten Landkreises Vulkaneifel ihn durch einen Mindestabschussplan zum Abschuss von Rotwild – insgesamt drei Tiere – in seinem Jagdbezirk für das Jagdjahr 2013/2014. Mit seiner hiergegen erhobenen Klage machte der Kläger geltend, er könne die Abschussverpflichtung nicht erfüllen, weil sein Jagdbezirk im Rotwildrandgebiet liege und Rotwild dort nur vereinzelt als Wechselwild vorkomme. Das Verwaltungsgericht gab der Klage mit der Begründung statt, die Jagdbehörde habe den aktuellen Rotwildbestand in diesem Jagdbezirk nicht ausreichend ermittelt. Es sei nicht ersichtlich, dass die zwingend zu erlegende Anzahl von Tieren in dem Jagdbezirk während der Jagdzeiten überhaupt anzutreffen sei. Auf die Berufung des Beklagten wies das Oberverwaltungsgericht hingegen die Klage ab.
Die Mindestabschussverpflichtung sei rechtmäßig gewesen. Die Jagdbehörde des Beklagten habe nach dem Landesjagdgesetz einen Mindestabschussplan festsetzen müssen, weil eine erhebliche Gefährdung der berechtigten Ansprüche der Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschaden durch Rotwild bestanden habe. Dies ergebe sich aus der Stellungnahme des Forstamtes über einen erheblichen Umfang an Schälschäden. In diesem Fall verlange das Gesetz zwingend eine Erhöhung des Abschusses gegenüber den bisherigen Festlegungen. Die hier festgelegte Erhöhung des abzuschießenden Rotwilds beschränke sich auch auf das Mindestmaß, nämlich den zusätzlichen Abschuss von nur einem einzigen Tier gegenüber dem vorangegangenen Jagdjahr mit einer Abschussverpflichtung von zwei Tieren. Weitere Ermittlungen des Beklagten zum aktuellen Rotwildbestand im Jagdbezirk des Klägers seien nicht geboten gewesen. Es sei nicht ersichtlich, mit welchem angemessenen Aufwand und mit welchem erwartbaren Ergebnis hier solche zusätzlichen Ermittlungen angezeigt wären. Rotwild sei nicht standorttreu, bewege sich vielmehr revierübergreifend. Erhebungen zum Rotwildbestand stellten damit nur Momentaufnahmen dar, aus denen sich keine verlässlichen Abschusszahlen ermitteln ließen. Sachgerechter sei daher eine Orientierung an vorjährigen Abschusszahlen und hinzugekommenen Schälschäden. Hiervon gehe auch die gegenwärtige Regelung des Landesjagdgesetzes aus. Im Übrigen werde von dem Kläger auch nicht erkennbar etwas Unmögliches verlangt, habe doch der vorherige Pächter in seinem Jagdbezirk im Jagdjahr 2011/2012 noch drei männliche und drei weibliche Stücke Rotwild erlegt.
Urteil vom 11. Februar 2015, Aktenzeichen: 8 A 10875/14.OVG