1. Die richtige Ausrüstung
Hier soll nicht wieder das leidige Thema Doppelbüchse, Repetierbüchse oder Halbautomat diskutiert werden. Jeder mag da nach seiner Fasson selig werden. Ich liebe allerdings Halbautomaten nicht. Das liegt weniger an dem Waffentyp als an der Psyche mancher Schützen, die diese Waffen führen. Zu viele habe ich gesehen, die mit dem Halbautomaten etwas „locker“ umgehen.
Ob nun Repetierbüchse oder Doppelbüchse, entscheidend bei der Bewaffnung ist, dass einem die Waffe flintenähnlich gut liegt. Stecher gehören nach meiner Einschätzung nicht an Drückjagdwaffen. Ein trockener Flintenabzug mit mittlerem Abzugswiderstand (900 bis 1.200 Gramm) ist die bessere Wahl, auch unter Sicherheitsaspekten.
Bei den Drückjagden alter Prägung lagen die Schuss-Entfernungen selten über 50 Schritt, und geübte Schützen kamen gut mit offenen Visierungen klar. Die heutigen, gut vorbereiteten Bewegungsjagden sind so organisiert, dass die Schützen weitab von den Einständen mit gutem Schussfeld postiert sind. Das Wild kommt oft ziehend, manchmal auch verhoffend, sodass man mit einem kleinen variablen Zielfernrohr besser ausgerüstet ist. Schüsse um die 100 Meter sind in solchen Situationen zu verantworten.
Ideal sind spezielle Drückjagd-Zielfernrohre mit ein- bis vierfacher Vergrößerung und kleinem Objektiv-Durchmesser, weil sie tief montiert werden können, sodass die Waffe mit der Visierlinie gut im Anschlag liegt. Wer weniger Drückjagdgelegenheit hat, wird die Anschaffung eines speziellen Drückjagd-Zielfernrohres vermeiden. Ein guter Kompromiss ist dann das eineinhalb bis sechsfache Zielfernrohr, das als Universalglas auch für Ansitz und Pirsch verwendet werden kann. Konstante sechsfache oder gar achtfache Zielfernrohre sind auf Drückjagden völlig ungeeignet. Es ist schwer, wegen des kleinen Sehfeldes das Wild überhaupt ins Glas zu bringen, und das Mitschwingen wird einem kaum gelingen. Trotzdem sieht man immer wieder Jäger, die mit konstanten 8x56er Zielfernrohren auf Drückjagden erscheinen. Man kann nur hoffen, dass sie keinen Anlauf haben!
Ob man ein kleines handliches Doppelglas mit auf eine Drückjagd nimmt, ist Geschmacksache. Sicherlich wird es gelegentlich vorkommen, dass man auf weite Entfernung Wild beobachten kann, aber im Normalfall sollte man sich auf seine zu bejagenden Sektoren konzentrieren und sich möglichst bewegungslos auf dem Stand verhalten.
Sind Trophäenträger freigegeben, meistens Hirsche bis zum Sechser oder ungeraden Achter, wird man in einer Drückjagd-Situation immer versuchen müssen, den Hirsch durch das Zielfernrohr anzusprechen (das gilt sinngemäß auch für andere Wildarten oder die Ansprache nach Geschlecht und Altersklasse).
Wer glaubt, Zeit genug zu haben, mit dem Doppelglas den Hirsch anzusprechen, um ihn gegebenenfalls zu erlegen, wird kaum fertig werden. Nur wer in der entscheidenden Phase das variable Zielfernrohr auf größte Vergrößerung stellt, hat eine Chance (Ausnahmen bestätigen natürlich immer die Regel). Ich selbst verzichte seit Jahren auf das Doppelglas bei Drückjagden und verwende zum Ansprechen das Zielfernrohr.
Auch die richtige Kleidung ist mit entscheidend für den Jagderfolg. Wer sich bei einer Drückjagd anzieht, als wolle er zehn Stunden bei 15 Grad Frost auf Sau und Fuchs ansitzen, wird so unbeweglich, dass er im entscheidenden Moment die Waffe nicht richtig in Anschlag bringen kann.
Die skandinavische Vlies- und Faserpelz-Kleidung, die sich sehr gut nach dem Zwiebelschalensystem übereinander tragen lässt, ist also für unsere Zwecke optimal. Wer darüber noch eine bequeme Lodenjacke zieht, ist,wenn es nass wird, für alle Fälle gerüstet.
Handschuhe bei kaltem Wetter erhöhen nicht unbedingt den Jagderfolg, auch wenn man den Schießfinger frei hat. Es gibt allerdings für nicht allzu kaltes Wetter „fingerlose Handschuhe“, die die Handfläche und den Puls warm halten und bequemes Hantieren ermöglichen. Liegen die Minusgrade allerdings unter fünf, kommt man an Handschuhen nicht vorbei. Aber auch ein Pelz-Muff kann dann gute Dienste leisten.
Zu einer Drückjagd, auf der die Treiben länger als eine Stunde dauern, und das ist heute die Regel, gehört unbedingt ein Sitzstock. Ob es ein ein- oder dreibeiniger sein soll, ist Gewohnheitssache, beide haben Vor- und Nachteile. Im stark bergigen Gelände kommt allerdings wegen der Hanglage nur der einbeinige in Frage. Ferner sind Sitzrucksäcke eine gute Alternative.
Die Sitzstöcke sollten in der Höhe so gewählt werden, dass man möglichst hoch sitzt, da man, wenn Wild an einem vorbei flüchtet, oft aufstehen muss, um einen Schuss anzubringen. Man steht natürlich von einem hohen Sitzstock aus leichter auf als von einem niedrigen.
2. Das richtige Verhalten
Bei einer gut organisierten Drückjagd wird man vom Ansteller auf seinem Stand eingewiesen und auf die Sicherheitsbedingungen aufmerksam gemacht. Den Stand hat man selbstverständlich während des Treibens nicht zu verlassen. Bei der Einweisung ist Konzentration lebensnotwendig. Man sollte sich auch nicht scheuen, im Zweifelsfalle nachzufragen.
Grundsätzlich wird nur geschossen, wenn ein echter Kugelfang das Geschoss auffangen kann. Meistens gibt es bestimmte Sicherheitssektoren, die hoffentlich entsprechend markiert sind. Dorthin darf nicht geschossen werden. Ist Sicherheit vorhanden, darf auf den meisten Drückjagden freigegebenes Wild auch vor dem Anblasen, falls nicht überhaupt nach Zeit gejagt wird, erlegt werden.
Hat der Ansteller also den Stand verlassen, wird als erstes die Waffe geladen und gesichert abgestellt. Man scharrt dann den Stand von Laub frei, um sich im Bedarfsfall geräuschlos bewegen zu können. Dann stellt man den Sitzstock so auf, dass man die attraktiven Stellen, an denen man vorrangig mit Wild rechnet, möglichst bewegungsarm einsehen kann.
Nun nimmt man die gesicherte Waffe und macht Anschlagübungen in alle möglichen Richtungen, in die es erlaubt ist zu schießen. Manche mögen das für albern halten, aber es ist hilfreich für die Anschlagtechnik und hilft einem, die richtige Vergrößerung für das Zielfernrohr zu finden. In engem Gelände wird man das Zielfernrohr klein einstellen, in offenerem Gelände, in dem man weiter schießen kann, auf größere Vergrößerung. Das findet man sehr schnell heraus, wenn man sich auf den entsprechenden Wechseln Wild vorstellt, das man in Gedanken beschießt.
Alle diese Vorbereitungen dauern nicht länger als zwei Minuten. Dann setzt man sich still und möglichst bewegungslos auf seinen Sitz, die Waffe ruht gesichert auf den Knien. Bei Handspanngewehren bleibt die Waffe ungespannt.
Bei gut organisierten Drückjagden sieht man das Wild oft schon von weitem anwechseln. Kommt das Wild vertraut auf weite Entfernung, geht man möglichst unauffällig in Anschlag. Manchmal kann man dann sogar am Baum angeschlagen verhoffende Stücke sauber beschießen. Ist das Wild bereits näher als 50 Meter, sind hastige Bewegungen „gefährlich“. Man sollte versuchen, dann in Anschlag zu gehen, wenn das Wild hinter einem Busch oder einer Baumgruppe zieht oder flüchtet, damit es die Bewegung des Anschlagens möglichst nicht eräugt. Vertraut ziehendes Wild oder gar verhoffendes, das die Anschlagbewegung wahrnimmt, wird panisch flüchten. Sichere Schüsse sind dann kaum mehr anzubringen.
Langsam ziehendes Wild, aber auch schnürende Füchse, kann man durch entsprechende Geräusche (Rehwild durch Schrecken, Rotwild durch Mahnen, Schwarzwild durch Blasen, Fuchs durch Mäuseln) und im Zweifelsfall auch durch einen Pfiff meist zum Verhoffen bringen. Natürlich muss man vorher im Anschlag sein und die richtige Lücke abpassen.
Ein Fehler, der mir in meiner Praxis als Jagdleiter und Schweißhundführer immer wieder auffällt, ist das Vorhaltemaß. Flüchtige Sauen, bis zu einer jagdlich vernünftigen Entfernung von etwa 80 Schritt, werden öfter als man glaubt vorn vorbeigeschossen. Unerfahrene Schützen meinen, auf diese Entfernungen vorhalten, also vor dem Wurf der Sau abkommen zu müssen. Bei sauberem Mitschwingen reicht es hingegen völlig aus, je nach Entfernung und Geschwindigkeit der Sau, kurz vor dem Blatt, maximal unterhalb der Teller abzukommen, und der Schuss sitzt im Leben; aber sauber schwingen!
Häufig wechselt Wild spitz auf den Stand zu. Viele Jäger geraten dabei fast in Panik, weil sie richtigerweise nur ungern spitz von vorn schießen und das Wild für den einen oder anderen „aufdringlich“ nahe kommt. Ich bleibe in solchen Situationen bewegungslos stehen. Meist biegt das Wild auf gute Schussentfernung doch nach rechts oder links ab und zeigt das Blatt. Flüchtet das Wild zu nah auf einen zu, also unter 20 Meter, gehe ich in Anschlag, was das Wild dann eräugt und zum Abbiegen veranlasst. In jedem Falle ist das eine ausgesprochen reizvolle Drückjagdsituation!
Wir alle träumen doch davon, aus einer Rotte Sauen zwei oder gar drei Frischlinge erlegen zu können. Wenn es möglich war, habe ich gern den ersten Frischling hinter der Bache erlegt, um die Frischlinge zu sprengen. Dann ist es manchmal recht einfach, noch einen zweiten oder dritten zu erlegen.
3.Das richtige Training
Beginnen wir mit dem billigsten und einfachsten. Tage vor den Drückjagden machen Sie jeden Tag fünf Minuten Anschlag-Übungen. Dabei ziehen Sie die Jacke oder Jacken an, die Sie auch auf der Jagd tragen wollen. Das Zielfernrohr stellen Sie auf kleinste Vergrößerung und versuchen, fiktive Ziele an der Wand, Lampen, Tapetenmuster oder was auch immer, so schnell wie möglich zu erfassen. Sehr schnell merken Sie, ob Ihnen Waffe und Jacke passen. Auch klickende Knöpfe beim Anschlagen bemerkt man so rechtzeitig!
Die Steigerung ist natürlich das Training auf dem Schießstand. Ich meine, jeder Jäger muss in der Lage sein, ein Stück Schalenwild, sei es Kitz, Frischling oder Kalb, das bis zu 50 Meter vor einem verhofft, stehend freihändig zu treffen. Suchen Sie sich also einen Schießstand, der es ihn ermöglicht, die Scheibe auf 50 Meter festzustellen und beschießen Sie möglichst schnell, ohne mit der Waffe herumzufummeln, die Wildscheibe. Dabei kommt es nicht auf Punktschüsse an. Sie sollten vielmehr regelmäßig die Kammer, also die tödliche Zone, treffen.
Der eine oder andere mag darüber lächeln, aber man glaubt nicht, wie oft auf mittlere Entfernung verhoffendes Wild auf Drückjagden vorbei- oder krankgeschossen wird.
Die Steigerung ist das Trainieren auf den laufenden Keiler. Wer allerdings in Sportschützen-Manier beginnt, den Keiler zu „fangen“, ihn also in das Zielfernrohr hinein laufen lässt, um an einem bestimmten Punkt abzudrücken, trainiert für die Drückjagd völlig falsch. Man muss sauber mitschwingen und regelmäßig die Kammer des Überläufers auf der Scheibe treffen. Und zwar mit der Waffe, mit der man auch auf die Drückjagd geht. Die beliebte Hornet oder .222 Remington ist hier fehl am Platze.
Wer nicht Wiederlader ist, kann hier ruhig Billig-Patronen einsetzen. Auf 50 Meter spielt das kaum eine Rolle. Bei der Drückjagd sollte man allerdings nicht an den Patronen sparen!
Die optimalen Trainingsbedingungen für Drückjagden bieten heute Schießkinos. Reale Jagdszenen werden computergesteuert auf eine Leinwand projiziert, die mit wirklichen Waffen beschossen wird. Der Computer ist in der Lage, im Nachhinein beim Zurückspulen des Filmes die Trefferlage genau zu zeigen. Besser kann man sich für Drückjagden nicht vorbereiten.
Abschließend eine Bemerkung: Zum Üben ist unser Schalenwild nicht „geeignet“. Geübt wird auf dem Schießstand und nicht auf der Jagd.